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Mannheimer Morgen im Oktober 2011 Lieber schlau als blauDas CBG Ladenburg nimmt mit einer neunten Klasse als eine der ersten Schulen in Baden-Württemberg an einem Studienprojekt zur Alkoholprävention mit ganz neuem Ansatz teil: Das Programm setzt auf Kompetenz statt auf Abschreckung. Jetzt wurde es den Eltern der teilnehmenden Neuntklässler vorgestellt. In Deutschland gehen viele Jugendliche sorglos mit Alkohol um, jeder zweite weist einen riskanten Alkoholkonsum mit wiederkehrenden Trinkexzessen auf. Dieses Verhalten geben Teenager an Gleichaltrige weiter. Experten wissen: Der Freundeskreis spielt beim Griff zum Glas eine zentrale Rolle. Hier setzt das Konzept „Lieber schlau als blau“ an. Erfahrungen mit Alkohol dürfen gemacht werden – allerdings unter Aufsicht von geschulten Lehrern. Statt auf Verbote und Abschreckung setzt das Konzept auf Kompetenz und damit auf den risikoarmen und verantwortungsvollen Umgang mit der Einstiegsdroge Alkohol. Entwickelt von Suchtexperte Dr. Johannes Lindenmeyer führt es die Teilnehmer in vier Schritten zu einer Art „Alkohol-Führerschein“. Kernstück ist ein sogenanntes Trinkexperiment, bei dem die Jugendlichen innerhalb einer Gruppe von Gleichaltrigen und unter Anleitung ihrer Lehrer Alkohol in einer angemessenen, von den Eltern genau festgelegten Menge ausprobieren dürfen. Danach wird der Blutalkoholspiegel gemessen, die Auswirkung auf Leistungsfähigkeit und Befinden werden mit Hilfe von Fragebögen und Konzentrationsspielen erfasst und mit den Erwartungen verglichen. So erfahren die Schüler, dass schon eine Trinkeinheit – das sind z.B. 0,33 l Bier oder ein Glas Sekt, Auswirkungen auf das Bewusstsein haben. Lindenmeyer ist sich sicher: Nur wer weiß, wie Alkohol wirkt, kann verantwortungsvoll damit umgehen. Aber das Programm kann noch mehr: Die Schüler lernen, wie man sich in kritischen Trinksituationen kompetent verhält. Sie erfahren, dass es o.k. ist, einen angebotenen Drink abzulehnen oder dass sie niemals in ein Auto einsteigen dürfen, dessen Fahrer getrunken hat. Am Ende des zweitägigen Workshops erstellt jedes Kind für sich selbst einen Plan, wie es zukünftig mit Alkohol umgehen möchte. Auch die Eltern werden eingebunden: nach drei bzw. 6 Monaten soll die Einhaltung der erstellten Fahrpläne gemeinsam diskutiert werden. Das nicht unumstrittene Programm ist Basis einer wissenschaftlichen Studie, die gewonnenen Daten werden anonym ausgewertet. Betreut wird das Projekt am CBG von den Sucht-Präventionslehrerinnen Anja Hillermeier und Susanne Koch sowie der Projektkoordinatorin Sigrid Reibert. Suchtexperte Dr. Johannes Lindenmeyer, hatte sie bei einem Vortrag am CBG im Sommer von seinem Konzept überzeugt, denn ihnen allen war klar, dass die bisher verfolgten Strategien nicht zum Ziel führen. Das belegen auch aktuelle Studien: Allein in Baden-Württemberg wurden im vergangenen Jahr 1.619 Jugendliche unter 20 Jahren mit einer Alkoholvergiftung in ein Krankenhaus eingeliefert. Und das trotz konsequenter Aufklärungsarbeit an den Schulen. „Wir haben unseren Schülern so viel erzählt und so viele Hochglanzprospekte verteilt – doch die Statistiken zeigen keine positive Veränderung“, so Sigrid Reibert. Der eigenverantwortliche Ansatz von Lindenmeyer hat sie ebenso wie ihre Kollegen, die Schulleitung und den Elternbeirat des CBG begeistert. Denn jeder einzelne von ihnen weiß aus seiner Erfahrung als Lehrer oder Elternteil: Es ist nicht möglich, Jugendliche komplett von Alkohol fernzuhalten. Denn auch wenn die Familien einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol pflegen, die Gesellschaft in Deutschland kennt laut Lindenmeyer keinen klaren Regeln im Umgang mit Alkohol. Alkoholexzesse sind nicht – wie in Mittelmeerländern – verpönt sondern werden im besten Fall als Ausrutscher entschuldigt. Konsequenzen erfolgen in der Regel nicht. Die Einwände und Bedenken der Eltern, deren Zustimmung für das Projekt ausdrücklich notwendig ist, nehmen Hillermeier, Koch und Reibert dennoch ernst. Sie kommen nicht unerwartet. In mehrtägigen Schulungen wurden sie auch darauf vorbereitet. Einen der häufigsten Einwände können sie nachdrücklich zerstreuen: Niemand soll durch das Projekt ermutigt werden, zu trinken. Jugendliche, die klar nein zu Alkohol sagen, werden ausdrücklich in ihrer Position gestärkt und unterstützt. „Neinsager sind positive Beispiele und daher enorm wichtig für die gesamte Gruppe“, so Koch. Was aber, wenn in der Familie überhaupt kein Alkohol getrunken wird? „Diese Kinder sind oft besonders gefährdet, da sie nicht merken, wenn sie abgefüllt werden“, erklärt Reibert. Info:
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Suchtprävention Uckermark, Oberhavel, Suchtpräventions- Carsten Schroeder Havelländische Straße 31
Mobil: 0173 / 635 30 97
Im Juni 2011 wurde das Programm "Lieber schlau als blau - für Jugendliche" von dem Netzwerk Safe Region Brandenburg ausgezeichnet und als Mitgliedsprogramm aufgenommen.
gefördert vom
Land Brandenburg |